Vom 25. bis 29. November 2024 fand im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen die zweite JugendkonferenzSGAIAR statt. 63 Jugendliche aus drei Schulen des Kantons St. Gallen erlebten eine intensive Woche voller Diskussionen, Begegnungen und der Suche nach Lösungen für konkrete gesellschaftliche Herausforderungen.
In verschiedenen Formaten wie Workshops, Kommissionssitzungen und Plenarversammlung sowie in ihrer Freizeit setzten sich die Schülerinnen und Schüler aus St. Gallen (Meitleflade), Altstätten (Wiesental) und Wil (Sonnenhof) mit zentralen Themen wie Demokratie, Kinderrechten, Bildung und der Rolle der Medien auseinander. Dabei lernten sie, demokratische Prozesse zu verstehen, eine fundierte Meinung zu entwickeln, Verantwortung zu übernehmen und kreative Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu erarbeiten. «Die Jugendkonferenz hat erneut bewiesen, dass Demokratiebildung hervorragend funktioniert, wenn Jugendliche die Möglichkeit erhalten, mit viel Engagement und Kreativität Verantwortung für sich und andere übernehmen zu können», betont Nicolai Kozakiewicz, Dozent und Mitarbeiter an der Fachstelle Demokratiebildung und Menschenrechte der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG) und Mitinitiator des Projekts. Julian Friedrich, Projektleiter der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi (SKP), ergänzt: «Wir wollen den Jugendlichen bewusst machen, dass sie bereits jetzt Möglichkeiten zur Mitgestaltung von gesellschaftlichen Entscheidungen haben – und diese auch in Zukunft nutzen können.»
Innovative Kooperation zweier Bildungsinstitutionen
Die JugendkonferenzSGAIAR ist ein Kooperationsprojekt der PHSG und der SKP. Beide Institutionen arbeiten seit Jahren eng zusammen, um eine Woche zu entwickeln, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch zur aktiven Partizipation motiviert. Dabei hebt sich das Format von herkömmlichen Jugendparlamenten ab: Neben der thematischen Arbeit bietet das Kinderdorf mit seinen interkulturellen Ansätzen und der grosszügigen Infrastruktur mit Wohnhäusern und Freizeitangeboten einen einzigartigen Rahmen, der über das eigentliche Format der Konferenz hinaus Solidarität und Zusammenhalt fördert. Mit Unterstützung der Beisheim Stiftung sowie weiterer Förderer soll die Jugendkonferenz mittelfristig ein fester Bestandteil des Bildungsangebots in der Ostschweiz werden. Zukünftig hoffen die Organisatoren, wie im letzten Jahr und gemäss der Absicht der tri-kantonalen Jugendkonferenz, auch wieder Schulen beider Appenzell für die Teilnahme begeistern zu können. Das Ziel ist, im 2025, mehr als 100 Jugendliche im Kinderdorf zu empfangen.
Von weniger Prüfungen bis Schutz vor psychischer häuslicher Gewalt
Die Woche ermöglichte und forderte einen hohen Grad an Partizipation der Teilnehmenden. In Kommissionsgruppen indentifizierten die Schülerinnen und Schüler in klassendurchmischten Workshops selbstständig unterschiedliche Problemlagen, gewichteten die Dringlichkeit und entwickelten eigene Lösungsansätze in Form von Gesetzesvorschlägen. Die Forderungen der Jugendlichen der Kommission Bildung umfassten kürzere Schulzeit und maximal zwei Prüfungen pro Woche, um Stress zu reduzieren. Die Kommission Kinderrechte fordert Massnahmen zur Verminderung der Diskriminierung an Schulen sowie Schutz vor und Unterstützung bei psychischer häuslicher Gewalt für Kinder und Jugendliche. Die Arbeit der beiden Kommissionen wurde begleitet durch Jugendliche der Mediengruppe, welche in einer abendlichen Nachrichtensendung und Schlagzeilen über die Kommissionsarbeit berichteten. In der abschliessenden Abstimmung im Rahmen der Plenarversammlung vom Donnerstagnachmittag, der Session, wurden alle vier Vorlagen deutlich angenommen.
Eigene Projekte zugunsten der Gesellschaft
Die JugendkonferenzSGAIAR ist vorbei. Der Erfolg der angenommenen Gesetzesvorlagen motivierte und inspirierte die Jugendlichen, sich zum Abschluss der Projektwoche für Veränderungen im eigenen Schulhaus, in der Schulgemeinde oder im Quartier einzusetzen. Gemeinsam mit ihren Mitschüler:innen entwickelten sie Aktionen und Projekte, durch die sie selbstwirksam soziales Engagement erproben und gleichzeitig der Gemeinde die Perspektive der Jugendlichen näherbringen können. Die Konferenz endete somit nicht mit etwaigen jugendlich-naiven Forderungen an Dritte, sondern mündete in echtem Engagement mit dem Ziel, selbst entwickelte Aktionen und Projekte bis Ende Februar an der Schule, der Schulgemeinde oder im Quartier umzusetzen. Sie wird somit weit über die eine Projektwoche in Trogen hinaus wirken und soll dadurch langfristig zur Demokratiestärkung in der Region beitragen.